Inklusive digitale Alltagshilfen für Jugendliche Forschung unter Corona-Bedingungen

Auszug aus den Probe Kits entwickelt vom Forschungsteam INTIA der TH KölnUnter dem Motto „Meine Idee. Meine Lösung“ erprobt die TH Köln mit ihren Partnern in einem interdisziplinären Projekt seit Mitte 2019 partizipative Methoden, mit denen Kinder und Jugendliche in sozialen Einrichtungen eigene digitale Hilfen zur Alltagsbewältigung entwickeln können. Die nur eingeschränkt möglichen persönlichen Begegnungen in der Corona-Pandemie haben das Team bereits in der ersten Projektphase zu einer veränderten Herangehensweise gezwungen: anstelle von realen Kontakten findet der Austausch digital statt. Unter anderem wurden spielerische digitale Forschungsaufträge, sogenannte „Probe Kits“, zur Bedarfserhebung und Ideenentwicklung getestet.

„Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen erleben oft eine mangelnde digitale Teilhabe. In unserem Forschungsprojekt möchten wir deshalb innovative Ansätze entwickeln, mit denen unsere Zielgruppe selbstständig Technologie entwickeln kann – unterstützt durch Forschende und Studierende aus Informatik, Design und Sozialer Arbeit“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Isabel Zorn vom Institut für Medienforschung und Medienpädagogik der TH Köln.

Die geplanten ersten Schritte im Projekt – die Heranführung der Betroffenen in den Einrichtungen an die technischen Möglichkeiten sowie die Bedarfserhebung – wurden abrupt beendet, als im Zuge der Corona-Maßnahmen ein Betretungsverbot für die Einrichtungen festgelegt wurde. „Da nicht absehbar war oder ist, wann ein Kontakt vor Ort wieder möglich ist, haben wir uns entschieden, auf digitale Forschung umzuschalten“, so Zorn.

Digitale Probe Kits zur Ideenentwicklung und Bedarfserhebung

Um den Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen wieder aufnehmen zu können, entwickelten die Forscherinnen und Forscher sogenannte Probe Kits – digital übermittelte Fragen und Forschungsaufträge, mit denen die Jugendlichen ihr Umfeld beschreiben und reflektieren: etwa ihre Nutzung des Handys im Alltag, Überlegungen zur Technik in 35 Jahren oder Dinge in der Einrichtung, die „nerven“.

„Unsere Fragen und Methoden wurden gut angenommen und liefern spannende Einblicke in das Leben der Jugendlichen. Es ist erstaunlich, wie schnell der Transfer stattfindet und die Jugendlichen auf technische Hilfestellungen zu sprechen kommen. Trotzdem ersetzt es den persönlichen Kontakt nicht“, so Zorn. Im nächsten Schritt sollen die Jugendlichen ein Technik Kit bekommen, das im Projekt gerade entwickelt wird. Mit Mini-Server und „Internet of Things“-Elementen können sie dann erste Prototypen bauen – etwa für ein einfaches Rufsystem, denn dass Betreuungspersonen nicht aufzufinden seien, war ein häufig angesprochenes Problem.

Datenschutz und Kommunikation per Messenger

Zudem beschäftigten sich die Projekt-Partner mit Grundsatzfragen der digitalen Forschung wie dem Datenschutz. Denn die Forschungsfreiheit und die Persönlichkeitsrechte können in einem Konflikt stehen; so kann der Schutz dieser Rechte die Forschungen stark einschränken. Auf Basis einer intensiven Auseinandersetzung mit datenschutzrechtlichen und ethischen Anforderungen an die digitale Forschung entstanden deshalb Kriterien zur allgemeinen Datenverarbeitung, um Forschung im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung zu ermöglichen.

Ein weiteres Problem besteht in der Kommunikation mit den Kindern und Jugendlichen. „Ein großer Teil der digitalen Kontakte findet über Messenger-Dienste auf dem Smartphone statt. Die gängigsten Anwendungen erfüllen aber nicht die Mindestanforderungen des Datenschutzes, um damit Forschungsdaten zu erheben“, sagt Zorn. Auf der Grundlage von Kriterien wie Verbreitung, Verfügbarkeit, Kosten, Benutzerfreundlichkeit und Datenschutz prüfte das Team vier Apps.

Dabei setzte sich die Business-Lösung eines Schweizer Messenger-Anbieters durch und wird künftig im Projekt verwendet. Diese ermöglicht es, eine Lizenz zu kaufen und mittels Lizenzschlüssel kostenfrei an die Teilnehmenden weiterzugeben. Für den zentralen Erwerb wurde eine Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung abgeschlossen, die Datenschutz und Geheimhaltung gewährleistet. „Ein Administrator kann alle Einstellungen für die Teilnehmenden exakt vorkonfigurieren, was den Einstieg erleichtert. Zudem verfügt die Anwendung über weitreichende technische Schnittstellen, die andere Apps nicht anbieten“, so Zorn.

Forschungsergebnisse

Die gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Methoden werden nach Projektabschluss als frei verfügbare Workshop-Konzepte und als Open Source Technologien zur Verfügung gestellt. Dies soll interessierte Einrichtungen in die Lage versetzen, Seminare zur Entwicklung technischer Alltagshilfen zu organisieren. Zur dauerhaften Nutzung und Weiterentwicklung ist zudem der Aufbau einer digitalen Community-Plattform geplant, die sich an Sozialarbeitende, Betroffene, Selbsthilfeinitiativen und Technikexpertinnen und -experten wendet.

Das Forschungsvorhaben „INTIA – Inklusive Entwicklung von Methoden und Technologien für Hilfen zur Alltagsbewältigung in der Behinderten- und Erziehungshilfe“ wird an der TH Köln von Prof. Dr. Isabel Zorn (Institut für Medienforschung und Medienpädagogik), Prof. Dr. Stefan Bente und Prof. Dr. Christian Kohls (Cologne Institute for Digital Ecosystems) sowie Prof. Birgit Mager (Köln International School of Design) durchgeführt und ist Teil des Forschungsschwerpunkts „Digitale Technologien und Soziale Dienste“. Partner sind die Diakonie Michaelshoven, die Evangelische Jugendhilfe Godesheim gGmbH und die Fachstelle Jugendmedienkultur NRW. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Vorhaben über vier Jahre bis Mai 2023.

Weitere Informationen und Forschungsergebnisse gibt es unter http://intia.de.

Foto: Auszug aus den Probe Kits, entwickelt vom Forschungsteam INTIA der TH Köln. (Foto: TH Köln)

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku in Köln

Trauer um Prof. i.R. Dr. Matthias Jarke


TH KölnDie Technische Hochschule Köln trauert um ihren Hochschulratsvorsitzenden, Prof. i.R. Dr. Matthias Jarke, der am 21. März im Alter von 71 Jahren verstorben ist.

Prof. i.R. Matthias Jarke war der TH Köln in besonderer Weise verbunden: Er gehörte se...


weiterlesen...

Zwei lit.kid.COLOGNE-Projekte erhalten


LIC24 litkid Osnowski Brandes FurtkampHieronymusRonneper lowresFreude am Lesen ist der entscheidende Schlüssel für kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen. Deshalb fördert das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen zwei Bildungsprojekte der lit.kid.COLOGNE für junge Les...


weiterlesen...

Mit hochgelobtem, neuem Album


silvester"Wow … Was für eine starke und unaufgeregte Platte“
5 / 5 GUITAR
 
"tolle Stimmen zu Musik die in keine Schublade passt."
MADAME 04/24
 
"eine Manifestation von Stärke"
3/5 ROLLING STONE 03/24
 
„ … dieses Ehepaar aus Großbritannien gehört zurecht...


weiterlesen...

Semmel Concerts erweckt Oberhausener


Semmel Concerts LoGo▪ Eines der erfolgreichsten Live-Entertainment Unternehmen Deutschlands übernimmt das Metronom Theater in Oberhausen
▪ Umfangreiche Investitionen in Technik und Ausstattung erfolgen noch in diesem Jahr.
▪ Die Neu-Eröffnung ist für Ende 2024 geplant....


weiterlesen...

„Studieren probieren“: Schnuppertage an


Schnuppertage Alanus Hochschule c Nola Bunke„Studieren probieren“: Unter diesem Motto lädt die Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft vom 21. bis 24. Mai 2024 Studieninteressierte nach Alfter bei Bonn ein. Im Rahmen der Schnuppertage können sie in Seminare, Vorlesungen, Workshops und ...


weiterlesen...

NEU Yoga Kurs II. 2024 Köln Kalk -


yogalexYoga ist für alle da und kinderleicht zu erlernen. Das einzige was du dazu brauchst, ist eine bequeme Unterlage, ein bisschen Platz und Zeit dafür. Und los gehts!"

Yoga heißt Einheit und Harmonie. Es ist ein ganzheitliches Übungssystem zur Erlangu...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.