Weltweit erstes Urteil wegen Völkermordes an Jesid_innen

amnesty logoVerfahren vor dem OLG Frankfurt endet mit Verurteilung: Jetzt müssen weitere Anklagen folgen 

BERLIN, 30.11.2021 – Im weltweit ersten Strafprozess wegen Völkermordes an Jesid_innen verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt heute den Angeklagten Taha Al J. zu lebenslanger Haft. Damit wird erstmals ein ehemaliger Angehöriger des Islamischen Staats wegen Völkermordes verurteilt.

Am 3. August 2014 überfiel die Terrormiliz Islamischer Staat das Hauptsiedlungsgebiet der Jesid_innen in Sindschar im Irak und beging Massaker an der Zivilbevölkerung. Es kam zu Massentötungen, sexualisierter Gewalt, Folter und Versklavungen. Mehr als 5.000 Menschen wurden getötet, über 400.000 aus ihrer Heimat vertrieben. Bis heute werden mehr als 2.800 jesidische Frauen und Kinder vom IS gefangengehalten oder gelten als vermisst.

Der Angeklagte Taha Al J. wurde heute dafür verurteilt, im Jahr 2015 eine jesidische Frau und deren fünfjährige Tochter als Sklavinnen gekauft zu haben. Das OLG sah es als erwiesen an, dass Taha Al J. beabsichtigte, mit dem Kauf der beiden Jesidinnen und deren Versklavung die religiöse Minderheit der Jesid_innen im Einklang mit den Zielen des IS zu vernichten. Während einer Strafaktion kettete der Angeklagte das jesidische Mädchen in der gleißenden Sonne an ein Fenster und ließ es dort vor den Augen seiner Mutter qualvoll verdursten. Der Angeklagte hat sich deshalb insbesondere wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen schuldig gemacht.

„Mit dem heutigen Urteil wird weltweit erstmals durch ein Gericht bestätigt: Die Taten des Islamischen Staats an der Religionsgemeinschaft der Jesid_innen sind Völkermord. Aussagen von Überlebenden und Sachverständigen belegen das Ausmaß und die Systematik der gezielten Vernichtung von Jesid_innen im Irak“, erklärte Meike Olszak, Expertin für Völkerstrafrecht bei Amnesty International in Deutschland.

Das Urteil gegen Taha Al J. setzt ein Zeichen gegen Straflosigkeit, das weit über das Verfahren in Frankfurt hinausgeht, da es den Grundstein für weitere Verfahren legt. „Doch das Urteil kann nur ein Anfang sein, es müssen weitere Verfahren folgen, die dazu dienen, die ganzen Verbrechen des Islamischen Staats an meiner Religionsgemeinschaft aufzuklären“, sagt Pari Ibrahim, irakisch-jesidische Überlebende.

Der fast 20 Monate dauernde Prozess ist auch dahingehend bemerkenswert, dass sich der Tatort im Ausland befand, der Angeklagte nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und erst wegen eines internationalen Haftbefehls nach Deutschland ausgeliefert wurde. Es war das erste Mal, dass dies bei einem Prozess nach dem Weltrechtsprinzip in Deutschland der Fall war.

„Der Prozess in Frankfurt ist ein wichtiger Schritt. Aber er kann nur der Beginn eines langen Weges der juristischen Aufarbeitung sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass schwere Menschenrechtsverbrechen nicht ungesühnt bleiben, egal wo auf dieser Welt sie begangen werden. Es braucht weitere Anklagen“, fordert Amnesty-Völkerrechtsexperte Alexander Schwarz.

Enttäuschenderweise stellte das Gericht nicht fest, dass es sich bei der Versklavung der beiden Frauen um geschlechtsbezogene Verfolgung handelte, wie es Nebenklage und Bundesanwaltschaft beantragt hatten. Lücken bleiben daher bestehen und müssen für die Zukunft adressiert werden. „Geschlechtsbezogene Gewalt wie massenhaft begangenen Vergewaltigungen, die gezielte Versklavung von Frauen und anderen Formen sexualisierter Gewalt müssen von den Strafverfolgungsbehörden künftig berücksichtigt werden, was leider noch zu wenig stattfindet“, kritisiert Amnesty-Experte Schwarz.

Völkerstrafrechtsexpert_innen von Amnesty International in Deutschland haben das Verfahren vor dem OLG Frankfurt seit Prozessbeginn im April 2020 beobachtet. Sie stehen für Interviews zur Verfügung.

Quelle: www.amnesty.de

­

­

­

­

Verfahren vor dem OLG Frankfurt endet mit Verurteilung: Jetzt müssen weitere Anklagen folgen

­

­

­

­

­

­

­

­

BERLIN, 30.11.2021 – Im weltweit ersten Strafprozess wegen Völkermordes an Jesid_innen verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt heute den Angeklagten Taha Al J. zu lebenslanger Haft. Damit wird erstmals ein ehemaliger Angehöriger des Islamischen Staats wegen Völkermordes verurteilt.

Am 3. August 2014 überfiel die Terrormiliz Islamischer Staat das Hauptsiedlungsgebiet der Jesid_innen in Sindschar im Irak und beging Massaker an der Zivilbevölkerung. Es kam zu Massentötungen, sexualisierter Gewalt, Folter und Versklavungen. Mehr als 5.000 Menschen wurden getötet, über 400.000 aus ihrer Heimat vertrieben. Bis heute werden mehr als 2.800 jesidische Frauen und Kinder vom IS gefangengehalten oder gelten als vermisst.

Der Angeklagte Taha Al J. wurde heute dafür verurteilt, im Jahr 2015 eine jesidische Frau und deren fünfjährige Tochter als Sklavinnen gekauft zu haben. Das OLG sah es als erwiesen an, dass Taha Al J. beabsichtigte, mit dem Kauf der beiden Jesidinnen und deren Versklavung die religiöse Minderheit der Jesid_innen im Einklang mit den Zielen des IS zu vernichten. Während einer Strafaktion kettete der Angeklagte das jesidische Mädchen in der gleißenden Sonne an ein Fenster und ließ es dort vor den Augen seiner Mutter qualvoll verdursten. Der Angeklagte hat sich deshalb insbesondere wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen schuldig gemacht.

„Mit dem heutigen Urteil wird weltweit erstmals durch ein Gericht bestätigt: Die Taten des Islamischen Staats an der Religionsgemeinschaft der Jesid_innen sind Völkermord. Aussagen von Überlebenden und Sachverständigen belegen das Ausmaß und die Systematik der gezielten Vernichtung von Jesid_innen im Irak“, erklärte Meike Olszak, Expertin für Völkerstrafrecht bei Amnesty International in Deutschland.

Das Urteil gegen Taha Al J. setzt ein Zeichen gegen Straflosigkeit, das weit über das Verfahren in Frankfurt hinausgeht, da es den Grundstein für weitere Verfahren legt. „Doch das Urteil kann nur ein Anfang sein, es müssen weitere Verfahren folgen, die dazu dienen, die ganzen Verbrechen des Islamischen Staats an meiner Religionsgemeinschaft aufzuklären“, sagt Pari Ibrahim, irakisch-jesidische Überlebende.

Der fast 20 Monate dauernde Prozess ist auch dahingehend bemerkenswert, dass sich der Tatort im Ausland befand, der Angeklagte nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und erst wegen eines internationalen Haftbefehls nach Deutschland ausgeliefert wurde. Es war das erste Mal, dass dies bei einem Prozess nach dem Weltrechtsprinzip in Deutschland der Fall war.

„Der Prozess in Frankfurt ist ein wichtiger Schritt. Aber er kann nur der Beginn eines langen Weges der juristischen Aufarbeitung sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass schwere Menschenrechtsverbrechen nicht ungesühnt bleiben, egal wo auf dieser Welt sie begangen werden. Es braucht weitere Anklagen“, fordert Amnesty-Völkerrechtsexperte Alexander Schwarz.

Enttäuschenderweise stellte das Gericht nicht fest, dass es sich bei der Versklavung der beiden Frauen um geschlechtsbezogene Verfolgung handelte, wie es Nebenklage und Bundesanwaltschaft beantragt hatten. Lücken bleiben daher bestehen und müssen für die Zukunft adressiert werden. „Geschlechtsbezogene Gewalt wie massenhaft begangenen Vergewaltigungen, die gezielte Versklavung von Frauen und anderen Formen sexualisierter Gewalt müssen von den Strafverfolgungsbehörden künftig berücksichtigt werden, was leider noch zu wenig stattfindet“, kritisiert Amnesty-Experte Schwarz.

Völkerstrafrechtsexpert_innen von Amnesty International in Deutschland haben das Verfahren vor dem OLG Frankfurt seit Prozessbeginn im April 2020 beobachtet. Sie stehen für Interviews zur Verfügung.

Wir freuen uns, wenn Sie uns in Ihrer Berichterstattung taggen: @amnesty_de (Twitter) und @amnestydeutschland (Instagram).


Für Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle.

­

­

­

­

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Soziales und Leben in Köln

Das Kölner Fahrradquiz geht in die 19.


stadt Koeln LogoAb Montag, 15. April 2024, lädt die Stadt wieder alle Kölnerinnen und Kölner ein, ihr Wissen auf dem Gebiet der aktuellen Radverkehrsregeln zu testen. Ziel ist es, die Kenntnisse der Verkehrsregeln zu verbessern. Auch das Verständnis zwischen den ...


weiterlesen...

27.& 28.04.2024 „NaturHeiltage &


banner messe b gladbach 2024In der heutigen Zeit bleiben die spirituelle Erfahrung und wertvolles esoterisches Wissen oft auf der Strecke – Ängste, Stress, Überforderung, Hilflosigkeit, Lieblosigkeit, Mobbing, Depressionen, Krankheit, Verlust, Verletztheit und persönliches L...


weiterlesen...

DIANE WEIGMANN - „Das ist der Deal –


Das ist der Deal CoverBild uai 720x720Es sind besondere Zeiten, in denen Musiker:innen wie Diane Weigmann spüren, dass es auch in der Musik mehr geben muss, als nur die gefälligen Themen. Weil man aus einer emotionalen Notwendigkeit heraus schreibt, weil man die Augen nicht mehr vor d...


weiterlesen...

17.05.2024 Frau Wu und Andere Im Fort


IMG 20240311 WA0000Am 17. Mai wird in einem Kölner Fort, dem Fort Paul der Südstadt, gelegen im Volksgarten, eine Gruppenausstellung zu sehen sein, deren besonderes Juwel eine chinesische Künstlerin ist, die vorwiegend mit Wasser arbeitet. Gemeint ist Jiaying Wu, au...


weiterlesen...

Jetzt online informieren übers


mystudychoiceJugendliche und ihre Eltern erfahren in acht Live-Online-Veranstaltungen von MyStudyChoice vom 14. bis 18. Mai 2024, warum jetzt schon eine Bewerbung für ein Auslandsjahr 2025/26 in Kanada, Australien und Neuseeland ratsam ist. Denn gerade, wenn e...


weiterlesen...

AUF IN DIE WELT-Messe zeigt:


gap yearAUF IN DIE WELT-Messe in Köln am 20.04.2024: Viel Interesse an Schüleraustausch und Gap Year – nächste Messe in Köln am 15.06.2024

Der Andrang der jungen Leute und ihrer Familien auf der Messe in Köln zeigte: Junge Leute wollen ins Ausland. Das be...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.