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Rikas veröffentlichen ihre EP Short Stories

Rikas Cover Sony MusicWenn man als Band eigentlich ständig auf einem Haufen hängt, gemeinsam hunderte Live-Shows pro Jahr spielt und noch Ende 2019 ein gefeiertes Debütalbum (“Showtime”) raushaut – und dann von heute auf morgen Pandemie ist und der ganze Laden plötzlich still steht: Das ist gar nicht so einfach. 

“Rikas” aus Stuttgart haben die Situation irgendwie angenommen und sich ins Schreiben neuer Songs gestürzt. Noch ohne Konzept und klaren Fahrplan, denn erst einmal galt nur: Flucht in die Arbeit. Ein Vorbote (und gleichzeitig Bonus-Track) der “Short Stories” ist der bereits im Dezember 2020 erschienene Song “Overthinking”, einer heimlichen Hymne an und gegen den Selbstzweifel. Und schon hier klangen die Fragen an, die auf “Short Stories” eine wesentliche Rolle spielen: Was heißt es, 2021 als Indie-Band in Deutschland unterwegs zu sein? Und was macht es mit einem Quartett, das sich auch zu einem großen Teil über Live-Shows definiert, wenn Kunst plötzlich nur noch digital stattfinden kann? “In Momenten wie diesen fühlte sich dieses Bandsein für die vier fast wie ein aussterbendes Handwerk an”, so Sascha Scherer.

Und natürlich mussten sich im letzten Jahr plötzlich auch unzählige andere Künstler:innen diese und ähnliche Fragen stellen. “Rikas” entschieden sich recht früh, das Beste draus zu machen und den Prozess in neue Musik zu verwandeln. Und zwar, anders als zuvor, an verschiedenen Orten über einen längeren Zeitraum: “Unsere Vision war es, eine Art Tagebuch oder eine Sammlung von Songs zu machen”, erklärt Sascha Scherer. “Wir haben im letzten Jahr etwa 30 oder 40 Skizzen gemacht, aber diese sechs stachen unserer Meinung nach heraus. Jeder Song hat seine eigene Geschichte und seine eigene klangliche Vision. Aber irgendwie funktioniert es trotzdem ganz gut zusammen." 

Kein Album-Album also, sondern eine Form von Anthologie, eine Palette dessen, was im letzten Jahr in Studios in Stuttgart, Berlin und anderswo entstanden ist. Unromantisch gesprochen: Eine Art Bericht. Und so soll jeder Song auch wie eine, jawohl, Kurzgeschichte für sich selbst sprechen. Mit dieser Idee spielt auch das Artwork der EP sowie der im Zusammenhang erschienen Singles: “Rikas”-Gitarrist Chris Ronge hat sich für die reduzierten illustrierten Buchseiten-Cover unter anderem an der Ästhetik der ikonischen Titelbilder von “Der kleine Prinz” orientiert und der Veröffentlichung einen einheitlichen visuellen Rahmen gegeben. 

Und auch wenn das alles furchtbar durchdacht klingt: Konzept-Gefahr besteht nicht. Denn die unbeschwerte Lässigkeit ihres Debüts “Showtime” (2019) haben sich die vier Stuttgarter bewahrt, so geschmackvoll, slick und international wie “Rikas” klingen in Deutschland noch immer nur wenig andere Formationen und dennoch: Hier und da mischt sich sanfte Melancholie unter den Indie-Pop-Entwurf der vier Stuttgarter – wie bei “I Always Think of You (When I Listen to This Song)”, ein Midtempo-Ohrwurm, der sowohl von verflossener Liebe als auch der ganz konkreten Lockdown-Situation im letzten Jahr handeln könnte. Und auch wenn es ein wenig nach Plattitüde klingt, macht es das nicht weniger wahr: “Rikas”, das hört man sogar heraus, sind hier hör- und spürbar als Band zusammengewachsen 

Ein Gedanke, der auch im Song “Stereo” aufgegriffen wird, einem vor überschüssiger Energie funkelnden und Aufbruchsgeist nur so sprudelnden Song, in dem eben auch das Bild der Stereophonie eine wesentliche Rolle spielt: Soundquellen, die zu einem Gesamtsound verschmelzen: “I keep dreaming in stereo”. Ein Bild, in dem sich die Band gerne wiedererkennt, oder, in ihren eigenen Worten: Vier Freunde, die den Scheiß eben einfach gern machen. Und zwar immer noch und trotz allem mit dem bekannten Augenzwinkern, dass sich auch in so gut wie jedem Video der “Rikas” wiederfindet und mithilfe dessen in leichtfüßiger Eleganz selbst ernste Themen – wie zum Beispiel die Frage nach dem Wert von Kunst im Kapitalismus – Eingang in ihren Output finden. Das kommt inzwischen nicht mehr nur in Deutschland an: “Stereo” landete unter anderem in Radio-Rotationen in den Niederlanden, Portugal, Polen und Frankreich. 

Trotz der internationalen Aufmerksamkeit: Der heimliche Lieblingssong der Band ist dann doch “Side by Side”. Gefühlvoll arrangiert und von einem Bass-Riff getragen, dass wohl demnächst im Duden neben dem Superlativ von “cool” als Beispiel herhalten muss, versetzt  uns “Side by Side”, obwohl in Stuttgart von Mario Simic aufgenommen und produziert, augenblicklich auf ein Boot an einem Sonntagnachmittag in Saint-Tropez und konnte von den “Rikas” sogar schon auf Live-Tauglichkeit geprüft werden: “Wir haben den Track in den letzten Monaten auf Festivals gespielt und man spürt schon, wie die Menge mitsingt, obwohl sie den Track noch nie gehört hat." 

So erkennt man für gewöhnlich Hits.

Quelle: www.sonymusic.de