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Ich bin`s…dein Nachbar - Jürgen Rißmann

juergen_rissmannJürgen Rißmann ist ein Mensch, der sich bewegt. So hat er mittlerweile unzählige Projekte und Tätigkeiten durchgeführt. Nach einer Ausbildung als Zoo-Fachverkäufer und einem Studium der Marketingkommunikation ist der leidenschaftliche Angler (Flugangeln) von Koblenz nach Hamburg gegangen und dort eher zufällig zur Schauspielerei gekommen. Seit 2002  ist Jürgen Rißmann in zahlreichen Nebenrollen in Film und Fernsehen zu sehen. Nun spielt der Schauspieler in dem deutschen Kinofilm Snowman`s Land die Hauptrolle: den müden Auftragskiller Walter. Der Film kommt am 30. September 2010 in die deutschen Kinos. Wir haben den in Köln-Mülheim lebenden Schauspieler getroffen und ihm ein paar Fragen gestellt.

Kurz gesagt:


Ein guter Tag beginnt für mich, wenn... der Kaffee die richtige Betriebstemperatur hat, die Sonne scheint und meine Nachbarn mich im Treppenhaus grüßen
Ich komme ursprünglich aus...Koblenz, der schönen Rhein-Mosel-Stadt
Ich bin nach Mülheim gekommen, weil...ich durch einen glücklichen Umstand eine schöne Wohnung in Rheinnähe bekommen habe
Mein liebster Fleck Mülheim ist...das Jakubowski & der Mülheimer Stadtgarten
Drei Worte, die meinen Charakter beschreiben...unangepasst, ausgleichend und gerechtigkeitsliebend
Ich mag...gute Gespräche mit netten Menschen. Ich lache gern und sehe gern Menschen lachen.
Ich mag nicht gern...Ungerechtigkeit und Leute, die nicht nach rechts und links schauen 
Ich lese zur Zeit das Buch...Der Stadtfeind Nr. 1 von Jonathan Tropper
Glück bedeutet...man kann es nicht beeinflussen. Wenn ich es habe, dann muss ich es voll genießen und dankbar sein.

Hallo Jürgen, du lebst seit ca. 10 Jahren in Köln. Zur Schauspielerei bist du in Hamburg gekommen. Wie ist das entstanden?
Nach meinem Studium der Marketingkommunikation wollte ich in Hamburg in einer Werbeagentur arbeiten. Das ist mir nicht geglückt. Dafür habe ich als Assistent des Intendanten des Theaters „Empore“ in Buchholz/Nordheide gearbeitet. So lernte ich die Theaterlandschaft kennen. Zur Schauspielerei kam ich wie die Jungfrau zum Kind: Ein Regisseur wollte ein Theaterstück mit jungen Talenten aus der Region inszenieren und sie fanden mich gut. So habe ich mitgespielt.

Du bist außerdem sehr musikalisch. So spielst du Gitarre, hast Rock`n Roll getanzt und in einer a-capella Formation gesungen. Seit wann begleitet dich die Musik?
Ich habe im Alter von ca. 9 Jahren meine erste Gitarre bekommen. Die habe ich heute noch. Zu Beginn habe einfach darauf „rumgeschrammelt“ und mir Griffe, die gut klangen, angeeignet. Irgendwann habe ich anhand einer Grifftabelle gesehen, dass ich die richtigen Akkorde gespielt habe.

Fühlst du dich wohl hier in Köln-Mülheim?
Ja. Sonst wäre ich wohl wieder weggezogen.

Warum? Welche Umstände lassen dich bleiben?snowmans_land_plakat
Mir gefällt das multikulturelle Zusammenleben, was zum großen Teil hier gut funktioniert. Das aber nur, wenn Deutsche diejenigen, die es zu integrieren gibt, auch integrieren wollen.

Wie meinst du das?
Leider haben einige Menschen Vorurteile, die ungerechtfertigt sind. Ich kenne in meiner Umgebung viele Türken. Es ist schön, man kennt sich, man bleibt kurz stehen und hält ein Schwätzchen.


Bringst du dich in irgendeiner Form hier im Viertel ein?
Es macht mich betroffen, wenn ich auf meinem täglichen Gang über den Wiener Platz oder den Seitenstraßen sehe, dass dort die soziale Armut vorhanden ist. Ich helfe den Menschen, wenn ich kann. Es gibt viele Möglichkeiten, zu helfen.

Welche Intension steckt dahinter?
Ich mag keine Menschen, die stur ihren Weg gehen und nur auf ihren Vorteil aus sind. Die Zeiten werden immer härter. Für alle, so auch für Schauspieler. Die tollen Jobs hängen nicht wie reife Früchte an den Bäumen. Wir müssen um jede Rolle kämpfen. Ich finde, alles sollte im Rahmen bleiben. Ich kann Ungerechtigkeit nicht ausstehen. Da werde ich auch schon mal etwas lauter.

Welches Sternzeichen bist du im Tierkreis?
Ich bin Waage. Ich bin zwar nicht immer ausgeglichen, aber ich versuche ausgleichend auf meine Umgebung einzuwirken. Das gelingt mir auch recht oft.


Bist du gläubig?
Ich glaube nicht an Gott, aber ich glaube an eine höhere Macht, die unser Leben bestimmt. Ich gehe ab und zu in die Kirche. So war ich vor kurzem auf der Schildergasse in der Antoniter-City-Kirche. http://www.antonitercitykirche.de Dort kann man ein 10-Minuten-Gebet machen. Daraus machte ich eine halbe Stunde und bin völlig beseelt wieder hinausgegangen. Denn ich habe mich spontan aus dem Einkaufstrubel ausgeklinkt und innere Einkehr gehalten.


Nach unzähligen Nebenrollen, bist du jetzt in der Hauptrolle des Films „Snowman`s Land“ von Tomasz Thomson zu sehen. Worum geht es in dem Film?
Ich bin sehr dankbar für diese Rolle und darüber, dass die Produktion an mir festgehalten hat. Ich spiele den glücklosen abgehalfterten Auftragskiller Walter, der vom Regen in die Traufe kommt. So erschieße ich in der Anfangssequenz erst einmal den falschen Mann. Das wird mir von meinem Boss natürlich vorgehalten. Daraus ergibt sich der Auftrag, an der Ostgrenze von Rumänien auf die Villa eines Mafiaboss aufzupassen. Dort passieren Dinge, die eigentlich nicht passieren dürfen. Damit wird der Film spannend und lustig. Es ist eine schwarze Komödie und für deutsche Verhältnisse ein sehr ungewöhnlicher Film.

snowmans_land_walter_micky_kazik_bergerSnowman`s Land spielt in einer verlassenen Winterlandschaft. Wo habt ihr dafür gedreht?
Das war im Nord-Schwarzwald, Nähe Freudenstadt. Wir haben im Winter 2009 gedreht. Der Dreh begann an einem Dienstag. Sonntags war die Wiese noch grün und in der Nacht begann es wie auf Knopfdruck zu schneien und hörte auch nicht mehr auf. Wir hatten wirklich Glück in dieser Beziehung. Der Film ist allein schon durch die gigantischen Schneemengen sehr authentisch.

Hast du denn gefroren?
Ich bin eigentlich ein Naturmensch. Ich friere nicht so schnell. Nur während einer Szene, in der Walter mit Wasser gefoltert wird, war es kalt für mich. Ich hatte zwar einen Neoprenanzug an, aber wenn ich zehn Stunden lang mit kaltem Wasser bespritzt werde, dann friere auch ich. Ursprünglich wollten wir warmes Wasser nehmen, doch die Außentemperatur war so niedrig, dass es gedampft hat – und es somit nicht glaubwürdig im Film herübergekommen wäre.

Wie ist es für dich, wenn du drehst? Wie sieht die Arbeit eines Filmschauspielers im Vergleich zum Theater aus?
Ich habe nicht lange Theater gespielt, doch ich zehre heute noch davon. Es ist wirklich unvergleichlich. Der Applaus ist das Brot des Künstlers. Beim Drehen, was ich sehr gern mache, muss man viel Geduld mitbringen. Die Arbeit ist eher ein Stückwerk. Szenen werden mehrmals und aus verschiedenen Perspektiven gedreht. Ich bin immer wieder verblüfft, wenn ich das fertige Produkt auf der Leinwand sehe.
Bezeichnend für die Filmarbeit ist ebenfalls, dass man als Schauspieler umswitchen können muss.

Wie meinst du das?
Die Szenen werden nicht chronologisch zur Handlung gedreht. So kann es sein, dass das Ende des Films zu Beginn der Dreharbeiten aufgenommen wird. Hier ist die Figur in einer anderen emotionalen Verfassung, als z.B. am Anfang der Geschichte.

Bereitest du dich auf deine Rollen vor?
Für jeden Filmschauspieler ist eine Vorbereitung auf seine Rolle sehr wichtig. Ich muss authentisch in der Rolle sein. Ich überlege, was ist das für ein Typ? Ich gehe in die Tiefe der Rolle. Es ist für mich sehr spannend, denn ich will den Charakter durchleuchten. Ich will ihn verstehen. Mein Ziel ist es, dass jeder Zuschauer mir meine Rolle auch wirklich abnimmt!

Wie machst du das?
Ich probiere aus. Für eine Kurzfilmrolle als Blinder habe ich mir z.B. eine Sonnenbrille aufgesetzt, habe die Augen geschlossen und bin auf die Straße gegangen. Ich war neugierig was passiert. Wie reagiert die Umwelt? Hilft mir jemand? Glauben die Leute, dass ich blind bin? Ich schlüpfe hier und da im Alltag in eine Rolle, was ich im Nachhinein aufkläre.

Sind die Leute denn nicht sauer?
Nein. Meistens lachen sie. Ich bin dann natürlich auch nicht so derb und bitte um Verständnis.


Was sind deine Lieblingscharaktere?
Ich mag eher die Bösen und die Verlierertypen. Als Schauspieler habe ich so die Gelegenheit, mich auf diesem Feld auszutoben. Die dunkle Seite existiert in jedem, da kann sich niemand von frei sprechen. Ich tobe mich dann immer ein wenig in meinen Rollen aus, denn die Energie muss raus und ich glaube, dass ich dadurch ausgelassener bin.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Gesundheit ist das oberste Gut und ich bin für jeden Tag dankbar, an dem ich aufstehe und es zwickt nichts. Daher wünsche ich mir, dass das so bleibt.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für Snowman`s Land!

Sabine Teichmann & Ilka Baum

Weitere Informationen:

Print-Interview Mülheimer Stimmen in PDF: Ich bins dein Nachbar...Jürgen Rißmann
Sabine Teichmann im Gespräch mit Jürgen Rißmann auf Köln-InSight.tv

Schön schräg - Snowmans`s Land


www.snowmansland-film.de