Hongkong: „Sicherheitsgesetz“ schafft Klima der Angst

amnesty logoDas „Gesetz über die Nationale Sicherheit“ für Hongkong beschneidet die Grundfreiheiten und Menschenrechte der Einwohner_innen der Sonderverwaltungszone. Dies geht aus einem neuen Bericht von Amnesty International hervor, den die Organisation ein Jahr nach Inkrafttreten des durch Peking verhängten Gesetzes veröffentlicht.

BERLIN, 29.06.2021 – Unter dem Deckmantel der „nationalen Sicherheit“ kam es in Hongkong im vergangenen Jahr wiederholt zu Zensur, Schikanen, Festnahmen und Strafverfolgung. Ein neuer Bericht von Amnesty International mit dem Titel „In the Name of National Security“ beschreibt, wie die Behörden das am 30. Juni 2020 erlassene „Gesetz über die Nationale Sicherheit“ dazu nutzen, kritische Stimmen auf unzulässige Weise zu kriminalisieren und zahlreiche Grundrechte einzuschränken. Der Amnesty-Bericht basiert auf der Analyse von Gerichtsurteilen und -protokollen sowie auf Interviews mit Aktivist_innen, die unter dem Sicherheitsgesetz ins Visier genommen wurden.
 
Theresa Bergmann, Asien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland, sagt: „In einem Jahr hat das ‚Nationale Sicherheitsgesetz‘ Hongkong einem Polizeistaat nahegebracht und ein Klima der Angst geschaffen, das in allen Teilen der Gesellschaft zu spüren ist – von Politik über Kultur, Bildung bis hin zu den Medien. Die Schließung der Zeitung ‚Apple Daily‘ ist nur das jüngste Beispiel für die Entwicklung der Stadt zu einer Menschenrechtswüste, die zunehmend dem chinesischen Festland ähnelt.“
 
Unschuldsvermutung faktisch ausgehebelt
 
Am 1. Juli 2020, dem ersten Tag nach Inkrafttreten des Gesetzes, nahm die Polizei mehr als 300 Protestierende fest, darunter zehn Personen, denen Verstöße gegen das „Sicherheitsgesetz“ vorgeworfen wurden. Seither werden regelmäßig Menschen auf Grundlage dieser Gesetzgebung festgenommen und angeklagt, weil sie ihre Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wahrnehmen.
 
Darüber hinaus werden unter dem neuen Gesetz angeklagte Personen faktisch als schuldig betrachtet, womit die Unschuldsvermutung untergraben wird. Dies führt dazu, dass man den Betroffenen die Freilassung gegen Kaution verweigert, sofern sie nicht beweisen können, dass sie „keine weiteren Handlungen zur Gefährdung der nationalen Sicherheit begehen“ werden.
 
In der Folge werden die Angeklagten über lange Zeit hinweg in Untersuchungshaft gehalten. 70 Prozent aller Personen, denen Verstöße gegen das „Sicherheitsgesetz“ vorgeworfen werden, befinden sich derzeit in Haft, nachdem ihnen die Freilassung gegen Kaution verweigert wurde. Die Unschuldsvermutung ist ein grundlegender Bestandteil des Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren.
 
„Die Hongkonger Regierung muss aufhören, ihre zu weit gefasste Definition von ‚Gefährdung der nationalen Sicherheit‘ für die pauschale Einschränkung der persönlichen Freiheiten zu missbrauchen. Die Anklagen gegen all jene, die derzeit wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte strafrechtlich verfolgt werden, müssen fallengelassen werden“, sagt Bergmann.
 
Amnesty International sieht zudem den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in der Pflicht, eine Dringlichkeitsdebatte über die sich verschlechternde Menschenrechtslage in China einzuleiten, auch im Hinblick auf die Umsetzung des „Sicherheitsgesetzes“ in Hongkong.
 
Hintergrund
 
Das „Gesetz über die Nationale Sicherheit“ wurde einstimmig durch den chinesischen Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses angenommen und am 30. Juni 2020 in Hongkong erlassen, ohne dass eine formelle, öffentliche oder in anderer Form sinnvolle Konsultation mit den Menschen in Hongkong stattgefunden hatte.
 
Unter dem Gesetz werden Handlungen kriminalisiert, die als „Sezession“, „Untergrabung der Staatsmacht“, „terroristische Handlungen“ oder „Zusammenarbeit mit ausländischen oder externen Mächten zur Gefährdung der nationalen Sicherheit“ eingestuft werden.
 
Diese weitläufige Definition von „nationaler Sicherheit“, angelehnt an die von den chinesischen Zentralbehörden verwendete Definition, weist weder klare Grenzen noch ausreichende Rechtssicherheit auf und wird willkürlich zum Vorwand genommen, um die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung, Vereinigungsfreiheit und Freiheit der Person einzuschränken. Die vage Definition wird zudem instrumentalisiert, um kritische Stimmen und politische Opposition zu unterdrücken.
 
Vom 1. Juli 2020 bis 23. Juni 2021 nahm die Polizei mindestens 114 Personen unter dem Sicherheitsgesetz fest bzw. ordnete deren Festnahme an. Am 23. Juni 2021 standen 64 Menschen unter Anklage und 45 von ihnen befanden sich in Untersuchungshaft.

Quelle: AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND e.V.

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