Berührend provokativ: Neues Album "Seifenblasenmaschine" Interview mit der Kölner Sängerin und Songwriterin Krazy

Krazy PressefotoDas neue Album "Seifenblasenmaschine" von Krazy ist gerade erst seit ein
paar Monaten veröffentlicht. Die Release-Tour wurde wegen den aktuellen Corona-Verhütungsmaßnahmen verschoben. Im Gespräch mit unserer Redakteurin Regina Nußbaum berichtet Krazy (Bürgerlicher Name: Uta Titz), wie sie zur Musik kam und was sich daraus in den vergangenen Jahren entwickelt hat für ihr Selbstverständnis als Musikerin.

Regina Nußbaum: „Herzlichen Glückwunsch zum neuen Album "Seifenblasenmaschine". Seit wann machst du eigentlich Musik und wer hat dich inspiriert und begleitet?“

Krazy: „Mein frühestes Vorbild für das, was ich heute bin, war Bob Dylan. Nicht besonders originell, aber wir reden von 1984, da war Dylan gerade nicht so hoch im Kurs. Ich hab ihn in einer Oldie-Sendung im Radio gehört. "Talkin New York", das war für mich eine Offenbarung: Ein Gedicht zur Gitarre, und die Welt eröffnet sich... Meine Mutter ist Kirchenmusikerin. Ich bin mit Chorproben aufgewachsen. Also diese Disziplin und Begeisterung, die mit singen und musizieren zusammenhängt, die war mir schon früh geläufig. Aber sich mit Liedern selbst artikulieren, autodidaktisch, von Blues bis Punkrock: das hab ich mit Dylan für mich entdeckt. Ein paar Jahre später kam dann mein anderer Hausheiliger dazu: Der Lyriker Peter Rühmkorf, der seine Gedichte mit Jazzband vorgetragen hat. Songs mit interessanten Texten und musikalisch funktionierende Texte, das ist seitdem mein Ding.

Zwei Bands, die mich sehr beeindruckt haben, waren Anfang der 90er RAUSCH und The Piano Has Been Drinking - beide waren aus Köln: So bin ich nach Köln gekommen. Ich hatte ein ziemlich genaues Bild von der Stadt aus den Songs von The Piano Has Been Drinking, und genau diese Stadt hab ich vorgefunden - das find ich immer noch beeindruckend: Wie präzise ein Song sein kann... Und 15 Jahre später, nachdem ich selber schon eine gestandene Straßensängerin war, hab ich meine alten RAUSCH-Idole Peter Sarach und Wolly Düse mit Cowboys on Dope gesehen und war nochmal höllisch beeindruckt. Wenn Musiker es über viele Jahre und unter allen Umständen durchziehen, hat das eine besondere Qualität, und bei denen war die in jedem Konzert präsent. Peter Sarach hat mich dann praktisch in die Meisterlehre genommen - und wir haben 10 Jahre zusammen Konzerte, Lesungen und einen Theater-Job gemacht.

Der jüngste große Einfluss, der zu meinem neuen Album führt, ist der Kollege und Produzent des Albums Danny Dziuk aus Berlin. Wir haben uns 2018 bei der Liederbühne "Kölner Kleinstbesetzung" in Nippes kennengelernt und angefreundet. Später haben wir versuchsweise einen Song zusammen geschrieben. Dziuk ist selber ein großartiger Songster, der ganz ähnlich ernsthaft und genau mit der Materie Text umgeht wie ich - aber außerdem ist er ein super versierter Musiker, der alle Instrumente spielt, total stilsicher produziert... Entsprechend groß ist sein Einfluss: Ohne ihn gäbe es das Album nicht.“ 

Regina Nußbaum: „Deine Songs rütteln an Stereotypen und Gehirnschmalz, deine Wort-Akrobatik ist wie ein Trommelwirbel. Wie entstehen diese Songs und Texte?“

Krazy: „Das ist natürlich unterschiedlich, aber oft gibt es eine initiale Reim-Idee oder Zeile. Ich versuch dann rauszukriegen, was die Zeile von mir will, worauf sie hinaus will. Ich verlass mich sehr auf das Material: was die Sprache selbst anbietet. Wenn sich aus Sprachfiguren eine Aussage ergibt, ist die Frage, ob ich diese Aussage machen will. Da fällt auch viel unter den Tisch. Klischee-Vermeidung ist sowieso Ehrensache. Unterwegs pack ich das immer mal wieder in verschiedene musikalische Muster. Dann schreib ich x Fassungen und bin erstmal mit der Musik beschäftigt: Welche Form, Struktur, Melodie, Phrasierung.

Und dann geh ich noch mal an den Text und feile rum, bis jedes Wort stimmt. Ich bin extrem streng mit den Texten. Songschreiberei ist Dichtung: da gibt´s keinen Raum für Beliebigkeit, aber mehrere Räume für Deutung. Das muss in vier Minuten über die Bühne sein und auch nach dem dritten Mal hören noch interessant bleiben. Ich leg es ja drauf an, dass die Leute auf die Texte achten - da kann ich dann keinen Pfusch abliefern. Außerdem ist bei jedem Song ein Risiko, dass er dein Hit wird, und den musst du dann lebenslänglich singen. Da überleg ich lieber genau, was ich singe.

Regina Nußbaum: „Wie hat sich dein Selbstverständnis als Musikerin in den vergangenen Jahren entwickelt?“

Krazy: „Im Kern nicht besonders, aber dann auch wieder sehr... Ich glaube zwar, dass ich in einer Nussschale schon so ziemlich alles gesehen hab, was es auf meinem Sektor so zu erfahren gibt, aber meine Position und Perspektive ändert sich immer mal wieder. Zuletzt damit, dass der schon erwähnte Kollege Danny Dziuk mich nicht nur gut fand, sondern konkret gefördert hat, mit seiner eigenen Zeit und Arbeit, mit seinem guten Namen. Das war auch noch mal ein Ritterschlag. Mir hat es jetzt nicht direkt an Bestätigung gemangelt - dass meine Songs gut sind, weiß ich seit 10 Jahren, und mein Publikum hat sich in der Zeit auch selten beschwert - aber dass dieser Meister der Deutsch-Songschreiberei mich so ernst nimmt, und die mehr-Wertschätzung, die ich dadurch erfahren hab - das hat mich schon noch mal aufgepumpt, klar.

Regina Nußbaum: „Durch die Corona-Maßnahmen wurden einige Konzerte von dir verschoben. Wie sehr fehlt dir dein Publikum und öffentliche Auftritte?“

Krazy: „Zum Glück gehört Öffentlichkeit nicht zu meinen Süchten. Ich hab mich ja 25 Jahre lang gründlich ausgetobt, hab auch gern meine Ruhe, also hatte ich keinen harten sozialen Entzug. Ich wollte nicht auf Internet-Formate umsteigen, wo man ja auch Publikum hat - da häng ich, da hängt meine Sache zu sehr an der physischen Konzert-Situation. Zu einer gelungenen Show trägt das Publikum einen großen Teil bei, und der Zauber überträgt sich am besten im gleichen Raum. Letztes Jahr hatte ich ein paar wenige Live-Konzerte, die dann alle besonders waren - diese besondere Aufmerksamkeit, die Umsicht, die allgemeine Bewusstheit hat mir ganz gut gefallen.

Im November fielen dann meine Album Release-Konzerte in den Lockdown - hab ich hingenommen - das Album kam ja trotzdem raus, insofern wieder Glück gehabt... Aber jetzt wird gerade wieder verschoben, und so langsam nagt der Mangel einer konkreten Perspektive auch an meiner Moral. Meine Arbeit hat ja zwei Extreme: Exponiert, mitten im Zirkus, und ganz alleine, in der Werkstatt. Als Ausgleich-System funktioniert das, und inzwischen ist das sehr unausgeglichen. Also ja: Der ganze physische und soziale Teil meiner Arbeit fehlt mir. Ich bin gern in der Werkstatt, aber das ist auf Dauer auch ungesund.“

Regina Nußbaum: „In welchen Locations auf diesem Planeten würdest du gerne auftreten?“

Krazy: „Im Prinzip überall, wo man mich singen hören will und angemessen behandelt.“

Regina Nußbaum: „Vielen Dank für das Gespräch!

https://www.youtube.com/channel/UCLo7n7z4Pe4qudv_ifJMZaQ

www.facebook.com/KrazyRockt
https://www.timezone-records.com/kuenstler/details/krazy/

Foto: Die Kölner Musikerin und Songschreiberin Krazy.© Andreas Baethe

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